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Frauen und Mädchen machen 99% der kommerziellen sexuellen Ausbeutung weltweit aus. (Global Estimates of Modern Slavery – ILO 2017)

Wenn man von sexueller Ausbeutung redet, spricht man vorrangig von Frauen und Mädchen. Hier haben wir die größte Nachfrage und es geht dabei um jede Altersstufe¹. Es wird von ca. 4,5 Millionen Opfern von Menschenhandel zum Zweck von sexueller Ausbeutung ausgegangen², ein Großteil dieser Opfer sind Frauen und Mädchen. 
Es gibt kaum Frauen die Sexkäufer sind, sondern es sind vor allem Männer. Frauen und Mädchen sind die am meisten gefährdete Gruppe und es müsste einen besseren Schutz für diese geben. Dabei lässt sich auch erkennen, wo der Bedarf ist: Die Nachfrage muss gesenkt werden, damit vor allem Frauen nicht in diese Ausbeutung fallen.³
¹ UNODC 2018: Global Trafficking in Persons Report
² What is Human Trafficking – Exodus Cry 2020
³ Frank Heinrich und Uwe Heimowski in: Der verdrängte Skandal, Brendow & Sohn Verlag, 2016

In Deutschland sind Frauen in der Prostitution fünfmal häufiger von sexueller Gewalt betroffen als andere Frauen. Dazu zählen (versuchte) Vergewaltigungen, der Zwang zu intimen Berührungen und sexuellen Praktiken. Über 80% erleben psychische und körperliche Gewalt. (Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland - Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland – BMFSFJ 2004)

Gewalt in der Prostitution sind keine Einzelfälle, sondern findet durch Freier und Zuhälter statt. Diese Gewalt kann ganz unterschiedlich aussehen, ob es körperliche oder psychische Gewalt ist. Prostituierte werden u. a. vergewaltigt und verprügelt von Freiern oder auch Zuhältern, wenn sie nicht so handeln, wie es von ihnen verlangt wird (Exoduscry: Nefarious (2011)). Frauen berichten von Essensentzug, körperlicher Gewalt und dass sie als Strafe für Fehlverhalten eingesperrt werden. Vor allem die Zuhälter bedienen sich der Gewalt und Angst, damit sich Frauen fügen und sich den Anforderungen unterordnen. Wenn sie sich dem nicht unterordnen, setzt eine Gewaltkulisse ein.
Können Sie sich vorstellen, dem Willen des Zuhälters oder des Freiers ausgeliefert zu sein, ohne wirkliche Möglichkeiten zu haben, sich zu wehren?
„Ich wurde im Wald vergraben“; „Ich war nachts an einen Baum gekettet“; „Ich war eingesperrt und musste auf dem Boden schlafen“, das sind nur einige Aussagen von Frauen aus der Prostitution.
Erfahrungsbericht: Projekt Schattentöchter 

Mehr als 80 Prostituierte wurden in den letzten 20 Jahren durch Freier, Zuhälter oder Serientäter ermordet. (sexindustry-kills.de – Stand 2020)

Es wird davon ausgegangen, dass die Dunkelziffer der Frauen, die von Freiern oder Zuhälter ermordet werden, viel höher ist.¹ Die Frauen werden als „Eigentum“ der Zuhälter gesehen. Und sollte ein Zuhälter entscheiden, dass eine Frau für ihn nicht mehr tragbar ist, verschwindet sie. Da die meisten Frauen in Deutschland nicht gemeldet sind, werden sie nur selten gesucht.
Aber auch Gewalt von Freiern ist keine Seltenheit.² Prostituierte haben kaum Sicherheit, da sie fast immer mit den Freiern alleine sind. Die Frauen leben in ständiger Angst und müssen lernen, ihre Freier einzuschätzen – einzuschätzen, ob sie gefährlich für sie sein könnten, was mitunter überlebenswichtig sein könnte. Dadurch, dass sie kaum gemeldet sind und meist nicht aus Deutschland kommen, wird nach diesen Frauen kaum gesucht.³
¹Sex industy kills (2017): Opfer-Täter-Beziehungen bei Prostituiertenmorden in Deutschland
²vgl. IJM (2017): Casework Series Sex Trafficking
³Erfahrungsbericht Projekt Schattentöchter 

Frauen in der Prostitution sind durch die prekären Arbeitsbedingungen, körperliche oder sexuelle Gewalt sowie Schwangerschaften und gesundheitliche Probleme oft schwer belastet. Armut, Drogen oder Perspektivlosigkeit können in die Prostitution drängen und darin halten. (Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung zum Bundesmodellprojekt. Unterstützung des Ausstiegs aus der Prostitution – BMFSFJ 2015)

SIE wurde von fünf verschiedenen Männern vergewaltigt, bevor sie mit der Prostitution begann. Auch ihr Stiefvater schob ihr Zettel rüber: „50€ für Sex?“ , und ihre Mutter glaubte ihr nicht, als sie Hilfe suchte.
IHR Gesicht ist aufgedunsen durch das Heroin. Eine junge Frau, die sagt, sie hätte ihre Schönheit verloren.
SIE ist hochschwanger, Anfang 20, und steht trotzdem noch jeden Tag den Freiern auf der Straße zur Verfügung.
Es sind Geschichten wie diese, die uns zeigen, dass wir Prostitution wie sie heute ist nicht hinnehmen dürfen. Unser Bild von Selbstbestimmtheit und Freiwilligkeit darf diese Schicksale nicht kaschieren, sondern es müssen echte Perspektiven und Unterstützung für ein Leben in Freiheit und Würde geschaffen werden.
Erfahrungsbericht: Neustart e.V.

33,9 Milliarden US-Dollar verdienen Menschenhändler und Zuhälter jährlich auf Kosten ihrer Opfer (Commercial Sexual Exploitation and Trafficking of Children „in a nutshell“ – ILO 2015).

Auch in Deutschland werden Milliarden mit Prostitution umgesetzt. Davon verbleibt bei den Frauen nur ein geringer Teil, sodass viele Frauen von der Hand in den Mund leben und sich weder ein eigenes Zimmer noch eine Krankenversicherung leisten können.
BesD – Berufsverband Sexarbeit; Notfonds für Frauen* in der Prostitution 2020

Etwa die Hälfte der Frauen in der Prostitution äußern den Wunsch auszusteigen. Vielen fehlen jedoch Basisqualifikationen wie Schul- und Berufsabschlüsse. Aufgrund dieser Lebensumstände bedarf es bei einem Ausstieg besonders intensiver Unterstützung. (Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung zum Bundesmodellprojekt. Unterstützung des Ausstiegs aus der Prostitution – BMFSFJ 2015)

Weiterhin wird der Wunsch eines Ausstiegs dadurch erschwert, dass viele Frauen außerhalb des Prostitutionsmilieus keine sozialen Kontakte haben. Mit einem Ausstieg würden sie ihr gewohntes Umfeld verlassen müssen und sie wären auf sich allein gestellt. Das hält einige Frauen davon ab, die Prostitution langfristig zu verlassen. Auch der Verlust des einzigen Einkommens stellt eine große Hürde dar. Die Kombination aus einem recht guten und schnellen Verdienst und den nicht benötigten Schul- oder Berufsabschlüssen bildet zugleich auch den großen Reiz der Prostitution. Die meisten Frauen, die sich zunächst selbstbestimmt für die Arbeit in der Prostitution entscheiden, erhoffen sich schnell viel Geld einzunehmen, um die Arbeit nach absehbarer Zeit wieder aufgeben zu können. Doch die Ausgaben lassen das in der Regel nicht zu, wodurch die Frauen in eine Schuldenfalle getrieben werden, aus der sie so schnell nicht wieder rauskommen. Ob selbstbestimmt oder gezwungen, der Einstieg ist sehr einfach; der Ausstieg hingegen ist nur für wenige Frauen realisierbar.
Nadia Burdenski, Gemeinsam gegen Menschenhandel e.V.